Fünf Fragen an…..

Dr. Marco Wilhelm, Partner und Leiter Restructuring Deutschland Mayer Brown LLP

1. Immer wieder hört man im Zusammenhang mit einem Pension Buy-out, dass spezifische rechtliche, steuerliche und ökonomische Fragen oder gar Risiken damit verbunden sind – was sind Ihre praktischen Erfahrungen hierzu?

Durch das Umwandlungsgesetz können Unternehmen ihre Pensionsverbindlichkeiten mit dazugehörigen Vermögensgegenständen abspalten. Auch wenn das übertragende Unternehmen in den ersten zehn Jahren nach der Einrichtung einer Rentnergesellschaft für deren Finanzverbindlichkeiten mithaftet, verkürzt ein Pension Buy-out die Bilanz des Unternehmens maßgeblich und unmittelbar. Die Mithaftung ist zeitlich begrenzt und stellt mithin eine Besserstellung dar, da die Alternative ohne eine solche Maßnahme grundsätzlich die zeitlich unbegrenzte alleinige Vollhaftung wäre. Zudem ist auf Grund der u.a. durch die BAG-Rechtsprechung geforderten Ausstattungshöhe bei einem Pension Buy-out ein Eintritt dieser Sekundärhaftung sehr unwahrscheinlich.
Dennoch müssen Unternehmen einiges beachten:
Initiale Ausstattung (BAG-Rechtsprechung), Governance des Unternehmens, Insolvenzschutz, Reputationsrisiken etc.

2. Wenn Sie die Eckpunkte für den Weg hin zu einer Rentnergesellschaft im Zusammenhang mit einer Insolvenzsicherung beschreiben müssten, welche Parameter müssen überprüft werden?

Zu Beginn stehen die kaufmännischen und finanzmathematischen Aspekte. Entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt welche Rentenverbindlichkeiten frühstens fällig werden und wie lange  und in welcher Höhe diese Verbindlichkeiten voraussichtlich noch laufen werden. Folgende „Risiken“ aus Unternehmenssicht müssen also berücksichtigt und entsprechend bewertet werden: das Alter der Pensionäre, die Granularität respektive die  Struktur des Rentnerbestandes und der Zusagen, die Entwicklung der Zinsen und Kapitalmarktszenarien, Sterbetafeln und Inflations­anpassungen. Je nach den Ergebnissen dieser Berechnung / Überprüfung braucht das Unternehmen bei der Auslagerung der Verbindlichkeiten mehr oder weniger Kapital zur Ausstattung der Rentnergesellschaft, um diese Risiken abzudecken. Im Rahmen der Berechnung / Determinierung der zu übertragenden Vermögenswerte  muss zudem eine maßgeschneiderte Anlagestrategie für diese Vermögenswerte aufgesetzt werden.
Die Verbindlichkeiten und die entsprechenden Vermögenswerte können dank des schon erwähnten Umwandlungsrechts aus einem Unternehmen in eine Rentnergesellschaft – verlagert werden. Unternehmen benötigen hierfür keine Zustimmung der Gläubiger.
Entscheidende Bedeutung kommt damit der ausreichenden und rechtskonformen (BAG-Rechtsprechung) Ausstattung der Rentnergesellschaft zur Abdeckung der Rentenansprüche zu. Andernfalls drohen nachlaufende erhebliche Haftungsrisiken und das Scheitern der erwünschten bilanziellen Effekte.

In vielen Fällen werden die Rentenansprüche über Contractual Trust Arrangements (CTA‘s) abgesichert. Bei einer Konstruktion mit einem  CTA werden die Vermögenswerte (Aktiva und Passiva) insolvenzfest separiert  und somit aus der Bilanz des Unternehmens „herausgenommen“, d.h. saldiert. Dazu nutzt man üblicherweise sog.  „doppelnützige Treuhandkonstruktionen“.

3. Warum lohnt es sich vor allem im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen über eine Rentnergesellschaft nachzudenken?

Pensionsverbindlichkeiten werden stets als Rückstellungen bilanziert. Diese Verpflichtungen stehen oft über Jahrzehnte in der Bilanz und belasten das Unternehmen und den Unternehmenswert. Zudem kann durch die alljährlich erforderliche Anpassung der Rückstellungen auf der Basis finanzmathematischer Gutachten der ausschüttbare Gewinn belastet werden. Solche noch über eine lange Zeit laufende Verpflichtungen schrecken im Transaktionsalltag immer wieder potenzielle Käufer ab oder drücken den Kaufpreis.

Auch wenn die wirtschaftliche Logik eines Zusammenschlusses oder einer Transaktion noch so überzeugend ist, können Pensionslasten einem Unternehmensverkauf im Wege stehen, denn sie sind nicht absolut kalkulierbar, da sie vielen externen Parametern unterliegen. Zudem sind sie durch ihre unterschiedliche Betrachtung nach Steuerrecht, HGB- und IFRS-Regelungen durchaus komplex.

4. Als Element der bilanziellen Restrukturierung kann ein Buy-out  eine sinnvolle Option sein?

Ein Buy-out kann, je nach den Umständen des Falles, eine Entlastung der Risikobilanz  des Unternehmens ermöglichen. Es werden Inflations- und Langlebigkeitsrisiken abgegeben, wodurch die Bilanz weniger anfällig für Schwankungen durch Zinsveränderungen wird. Je nach Ausgestaltung einer solchen Transaktion können sich auch die Finanzkennzahlen des übertragenden Unternehmens erheblich verbessern und damit die Kreditwürdigkeit bzw. die Kreditkonditionen verbessert werden.

5. Es gibt ja ebenfalls das Konstrukt einer Liquidationsversicherung – wie grenzen sich diese zu einem Pension Buy-out ab?

Generell handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche Wege.

Die Liquidationsversicherung eliminiert zwar das oben angesprochene temporäre Sekundärhaftungsthema und auch biometrische Risiken. Voraussetzung der Liquidationsversicherung ist aber, dass das aus der Versorgungszusage verpflichtete Unternehmen seine Betriebstätigkeit einstellt und liquidiert wird. Bei einen „lebenden Unternehmen“ muss man die Versicherungslösung daher zumindest auch mit einer umwandlungsrechtlichen Maßnahme verbinden. Diese Lösung ist oft wirtschaftlich nicht so interessant. Der Buy-out setzt die Liquidation dagegen gerade nicht voraus. Zukünftige Ergebnisse aus der fortbestehenden Geschäftstätigkeit des übertragenden Unternehmens können den Buy-out sogar begünstigen.