Christian Petersmann, einen der Geschäftsführer und Gründer der VEDRA Pensions GmbH
1. Herr Petersmann, die VEDRA Pensions hat in diesem Jahr gleich mehrere Meilensteine erreicht – 9 Jahre erfolgreiche operative Historie, fast 75 Millionen an gezahlten Renten und nun das erste Mal in Deutschland einen Buy-out mit einer Bank als Partner in Umsetzung. Hätten Sie das erwartet, als Sie 2016 die ANT übernommen haben?
Um ehrlich zu sein, haben wir 2016 noch nicht daran gedacht, ein langfristiges Geschäftsmodell aufzubauen, wir kannten weder “Pension Buy-outs” noch gab es diese in Deutschland überhaupt zum damaligen Zeitpunkt.
Der Ursprung der heutigen VEDRA lag in einer sogenannten „opportunistischen“ Übernahme. Damals erhielten wir von der britischen Pension Insurance Corporation („PIC“) das Angebot, eine Gesellschaft mit im wesentlichen Pensionsverbindlichkeiten der AEG Telefunken Nachrichtentechnik (“ANT”), einer ehemaligen Bosch-Tochter, zu erwerben. Diese Transaktion war ursprünglich gedacht als ein einmaliges „Special Situation Investment“ meines Family Offices. Wir fanden das spannend und gleichzeitig herausfordernd, zumal sich das Unternehmen damals in einer komplexen und schwierigen Situation befand. Die Gesellschaft hatte offene Steuererklärungen, nicht abgeschlossene Betriebsprüfungen mit drohenden Steuernachzahlungen, ausgesetzte Pensionserhöhungen mit Klagedrohungen der Pensionäre und ein negatives wirtschaftliches Eigenkapital nach früheren Fehlinvestitionen in südeuropäische Anleihen. Wir wurden damals aufgrund unserer Erfahrung im Bereich „Distressed“ und „Special Situations“ als möglicher Erwerber angesprochen. Nachdem es uns mit Glück und Geschick gelungen war, die steuerliche Situation für die Gesellschaft vorteilhaft zu lösen, wollten wir eigentlich Abfindungen mit den Rentnern vereinbaren und die Gesellschaft abwickeln, bis wir von unserem Aktuar auf das generelle Abfindungsverbot hingewiesen wurden.
Von einem Geschäftsmodel „Pension Buy-out“ waren wir da noch sehr weit entfernt. Allerdings war diese Transaktion, bei der wir nun ohnehin in der Verantwortung für die nächsten Jahrzehnte standen und stehen, dann die Inspiration für die Produkt- und Marktentwicklung des Pension Buy-outs in Deutschland.
Rückblickend ist es natürlich schon cool, dass wir als damals völlig bAV-Branchenfremder den Pension Buy-out in Deutschland im Nachgang dieser doch sehr speziellen Transaktion eingeführt und zu dem Konzept weiterentwickelt haben, das wir jetzt mit einem regulierten Institut umsetzen. Inzwischen beschäftigen sich auch die großen Namen der Branche mit diesem Thema und bezeichnen den Pension Buy-out zutreffend als „nächsten logischen Schritt im De-Risking“ – ein großes Kompliment für uns.
2. Was sind aus Ihrer Sicht besondere Meilensteine der VEDRA Pensions?
Da war zunächst die Idee, ein Geschäftsmodell aufzubauen, geboren nach der erfolgreichen wirtschaftlichen Sanierung der VEDRA ANT, mit der wir uns seither das Vertrauen der Rentner und der ehemaligen Geschäftsführung des operativen Geschäfts erarbeitet haben.
Die Ausgliederung und Übernahme eines Rentnerbestandes der CECONOMY AG mit ehemaligen Pensionsplänen der METRO Group im Jahr 2018 war sicherlich ein noch größerer Meilenstein, war sie doch der erste „geplante“ Pension Buy-out in Deutschland.
Ein bedeutender Wendepunkt war der Eintritt meiner Kollegen Michael Christner und Tilo Kraus Anfang 2022 in unser Team als Geschäftsführer und Mitgesellschafter. Gerade mit ihrer Erfahrung in führenden Positionen bei regulierten Finanzinstituten haben sie wertvolle Impulse für die weitere Professionalisierung unserer Plattform gegeben und die Institutionalisierung des Produktes „Pension Buy-out“ mit Governance-Elementen vorangetrieben.
Zu Beginn dieses Jahres haben wir erstmals die Schwelle von 70 Millionen Euro an ausgezahlten Renten überschritten.
Aktuell führen wir einen Pension Buy-out mit einer regulierten Bank als Geschäftspartner in Deutschland durch.
3. Im Augenblick wird das Thema „Rentnergesellschaft“ bzw. Pension Buy-out viel diskutiert, auch aus juristischer Sicht wird viel geschrieben. Ist das aus Ihrer Sicht positiv oder verwirrend?
Aus unserer Sicht ist die zunehmende Aufmerksamkeit für das Thema „Rentnergesellschaft“ und Pension Buy-out grundsätzlich positiv zu bewerten. Die mediale und juristische Diskussion führt zu einer breiteren Aufklärung und Ausbildung des Marktes – von der Preisgestaltung über die Frage der Nachhaftung bis hin zu den Risiken, von denen Unternehmen im Rahmen eines Pension Buy-outs final befreit werden (Inflation, Langlebigkeit, Zins, Kapitalanlage).
Besonders wichtig ist die gegenwärtige Debatte um die angemessene Kapitalausstattung einer Rentnergesellschaft und den Eigenkapitalbeitrag der Anbieter in diesem Zusammenhang. International hat sich eine Beteiligung der Anbieter in Höhe von 4-5% des Transaktionsvolumens als Standard etabliert. Dieses „Skin in the Game“ diszipliniert Anbieter beim Ankauf und schafft eine klare Interessensharmonisierung, da es den Anbieter langfristig an die wirtschaftlichen Entwicklungen bindet. Gleichzeitig stärkt es die finanzielle Solidität von Rentnergesellschaften nachhaltig. Es unterstreicht auch unsere langfristige Verantwortung als Risikoträger – VEDRA Pensions steht als verlässlicher Partner und Risikoträger hinter diesem Modell.
4. Wie sehen Sie die Marktentwicklung? Was erwarten Sie vom deutschen Buy-out-Markt in den nächsten 5-10 Jahren?
Wir gehen davon aus, dass der deutsche Markt für Pension Buy-outs in den nächsten 5 bis 10 Jahren erheblich wachsen wird. Empirische Studien aus den USA und Großbritannien belegen, dass durch Pension Buy-outs Unternehmenswerte gesteigert werden und die Bonität verbessert wird – wesentliche Treiber, die auch in Deutschland greifen sollten. In den angelsächsischen Märkten sind solche Transaktionen deshalb bereits etabliert – die jährlichen Transaktionsvolumina allein in diesen beiden Märkten liegen zusammen gegenwärtig bei rd. 100 Mrd. Euro.
In Deutschland besteht hingegen noch erheblich Luft nach oben. Führende Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Beratungsunternehmen schätzen, dass sich hier ein Marktpotenzial von etwa 50 bis 70 Milliarden Euro realisieren ließe. Die aktuelle aba-Statistik zeigt bei Pensionsfonds Deckungsmittelvolumina von rund 60 Milliarden Euro, während in den Bilanzen deutscher Unternehmen Pensionsverpflichtungen in Höhe von insgesamt ca. 700 Milliarden Euro angesammelt sind.
Wesentlich für eine positive Marktentwicklung in Deutschland ist das Zusammenspiel aus weiterer Aufklärung, Referenztransaktionen sowie Vertrauen schaffende etablierte Marktstandards hinsichtlich Governance, Eigenkapital etc. – wir sind sehr optimistisch.
5. Was begeistert Sie persönlich an dem Thema Pension Buy-out und wo sehen Sie die VEDRA in den kommenden 10 Jahren?
Zunächst einmal ist der Pension Buy-out volkswirtschaftlich gesehen ein sinnvolles Produkt – das belegen auch empirischen Studien inzwischen, und das ist eine Grundvoraussetzung, mich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Persönlich motiviert mich, eine nachhaltige Organisation aufzubauen in einem Markt, den wir selbst kreiert haben. Wir arbeiten hart daran, dass in dieser Branche der Pionier auch der langfristige Marktführer wird – das ist nicht immer so.
Besonders spannend finde ich, dass sich der Markt und wir uns dafür ständig weiterentwickeln – es ist ein kontinuierlicher und dynamischer Prozess. Der gesamte Markt hat sich professionalisiert – wir freuen uns über die anderen Anbieter im Markt, die uns anspornen, selbst immer besser zu werden.
Mir persönlich macht es sehr viel Spaß, gemeinschaftlich „Lösungen“ zu designen und damit die Anforderung und Bedürfnissen aller Stakeholder in einer Transaktion bestmöglich zu adressieren.
Unsere Vision ist es, das „Home of Pensions“ in Deutschland zu werden – ich finde, dies ist ein sehr schönes Zielbild – es verkörpert ein „gut aufgehoben sein“ und hat gleichzeitig den Anspruch die „führende Adresse“ zu sein.